Jingju Theater Company of Beijing: Peking Oper Festival Brasilien 2013

Nach monatelangen Vorbereitungen ging es Anfang Oktober dann endlich los nach Brasilien. Für das Ensemble der Jingju Theater Company of Beijing, wie auch das Lokalpublikum war es eine Premiere. Die erste Tournee nach Lateinamerika überhaupt wurde Wirklichkeit Dank der Initiative des Direktors des Ensembles, Herrn Li Enjie, und der großzügigen Unterstützung der Pekinger Stadtregierung. Im Vorfeld hatte man um die rechtzeitige Ausstellung der Visa gebangt und darum gezittert, das die Requisiten, die schon Monate vor den Vorstellungen mit dem Schiff nach Brasilien entsendet wurden, rechtzeitig durch den Zoll kommen würden. Am Ende lief glücklicherweise alles glatt.

Wer die Reisezeit von über 30 Stunden von Peking nach Rio über Dubai auf sich genommen hatte, sah sich erst einmal mit elf Stunden Zeitunterschied konfrontiert. Trotzdem waren alle bester Laune, immerhin gab es erst einmal einen Akklimatisierungstag. Die gesamte Truppe nutzte die Gelegenheit, um das Wahrzeichen Rios, die Christusstatue, zu besichtigen, die eine einzigartige Aussicht über die malerische Landschaft bot.

Am nächsten Tag ging es in Rio an den Aufbau in dem erst ein paar Monate zuvor neu eröffneten Veranstaltungsort, der Cidade das Artes, die drei Theater und einen Kammermusiksaal beherbergt. Nach Entladung des vollgepackten Frachtcontainers, machten sich die chinesischen und brasilianischen Bühnentechniker gemeinsam an den Aufbau der Kulissen sowie die Anpassung von Licht und Ton. Trotz weniger Worte, verstanden sich alle prächtig.

Am Premierentag war in Rio das Chaos ausgebrochen. Eine Demonstration und die damit verbundene Sperrung einer Hauptstraße sorgten für kilometerlange Staus in der gesamten Metropole. Der Saal füllte sich nur langsam, der Vorstellungsbeginn wurde eine halbe Stunde verschoben, was für Nervosität beim Ensemble sorgte, die Brasilianer reagierten natürlich wesentlich routinierter. Nach Beginn der Vorstellung war bei allen zuvor im Stau stecken Gebliebenen die Freue zu sehen, den langen Weg auf sich genommen zu haben. Die Begeisterung war bei Jung und Alt gleichermaßen groß, was sich in schallendem Applaus manifestierte. Auch die Chinesische Konsulin in Rio de Janeiro würdigte die Vorstellung mit überschwänglichem Lob.

Nach insgesamt fünf sehr erfolgreichen Vorstellungen in Rio unter steter Begleitung der namhaften lokalen Medien, allen voran GLOBO, ging es weiter in die schöne Stadt Petropolis, die im 19. Jahrhundert als kaiserliche Sommerresidenz diente. Die Fahrt durch die Berglandschaft war ein wahrer Augenschmaus. Das dortige Theater, das in den Quitandinha Palast integriert ist und heute von der Institution SESC betrieben wird, war nicht weniger beeindruckend. Unsere Ausstellung mit edlen Seidengewändern der Pekingoper, die auf allen drei Stationen zu bewundern waren, fügte sich besonders gelungen in die imposante Eingangshalle.

Das Publikum in Petropolis war nicht zu toppen. Sowohl der überwältigende Gesang Chi Xiaoqius in der Hauptrolle des Stücks „One Good Turn Deserves Another“, als auch die eindrucksvollen Akrobatikeinlagen von Zhan Lei in der Rolle des Affenkönigs am Folgetag sorgten in den restlos ausverkauften Sälen für grenzenlose Begeisterung. Außerdem gab es eine Zusatzvorstellung für über 600 Kinder, denen auf spielerische Art uns Weise die Grundlagen der Pekingoper beigebracht wurden. Da wurden Gesichter bemalt und Szenen dargestellt, Kostüme und Requisiten bestaunt, Gesängen gelauscht und Kampfszenen bewundert. Alles in allem ein glänzender Erfolg, wofür sich die Repräsentanten der Stadt Petropolis, die am Vortag schon zu einem groß angelegten Empfang geladen hatten, noch einmal mehrfach persönlich bedankten.

Zwei Tage später mussten wir schon wieder weiterziehen, die Busfahrt nach Sao Paulo nutzten die meisten als Gelegenheit, Schlaf nachzuholen, denn am nächsten Morgen ging es in der Früh schon wieder weiter. Während die einen fleißig aufbauten, fuhren die anderen ins Konfuzius Institut, um innerhalb eines kleinen Meisterkurses Studenten unterschiedlicher Kunstgattungen der Staatlichen Universität Sao Paulo die Pekingoper näherzubringen. Unter der Regie von Chi Xiaoqiu, der Leiterin des Ensembles, erfuhren die Studenten beispielsweise die Grundlagen über die Entstehung der Pekingoper oder die Charakteristiken der vier Rollentypen.

Doch auch das gemeine Publikum wurde nicht ganz ohne Hintergrundwissen den Vorstellungen ausgesetzt. Vor jeder Aufführung gab die charmante brasilianische Moderatorin Julia Grillo eine kleine Einführung in die Pekingoper. Da wurde zum Beispiel erläutert, welche Instrumente im kleinen Orchester vertreten sind, weshalb es in der Pekingoper keine Tenöre gibt oder wie man anhand des Make-ups einen Rollentyp erkennt. Darüber hinaus erfuhren die Zuschauer natürlich, was in den einzelnen Stücken passiert, sollte man den portugiesischen Untertiteln, die während der gesamten Vorstellung eingeblendet wurden, einmal nicht folgen können.

In Sao Paulo durften wir im Theater der SESC Pinheiros auftreten. Die fünf Vorstellungen, begleitet von CCTV in Brasilien, waren auch hier wieder komplett ausverkauft und das kulturell sehr interessierte Publikum hinterließ mit seinem ausgelassenen Applaus bei der gesamten Truppe ein Gefühl von Freude und Zufriedenheit. Und so wurden die großen Anstrengungen und die harte Disziplin, die den Arbeitsalltag der Pekingopern-Darsteller in der Regel begleitet, auch angemessen gewürdigt. Die Reise ans andere Ende der Welt hatte sich gelohnt.

Unser Dank geht an alle, die uns auf dieser Tournee unterstützt haben, vor allem an unsere brasilianischen Partner Dell’Arte Soluções Culturais, Andrea Martins, Julia Grillo, Cidade das Artes in Rio, SESC in Petropolis und Sao Paulo und dem Konfuzius-Institut in Sao Paulo!